Über den plötzlichen Kindstod (SIDS) haben mit großer Wahrscheinlichkeit alle Eltern schon gehört. Er ist ein Schreckgespenst, das vielen frischgebackenen Eltern in den ersten Wochen nach der Geburt ihres Babys den Schlaf raubt. Doch warum kommt es eigentlich dazu – und wie kann man vorbeugen?
Der plötzliche Kindstod, auch unter der Abkürzung SIDS (englisch: sudden infant death syndrome) bekannt, betrifft etwa 1 bis 4 von 1.000 Kindern. Am stärksten gefährdet sind Babys bis zu sechs Monaten, bei denen aus bisher ungeklärten Gründen ein Atemstillstand eintritt. Obwohl der plötzliche Kindstod unerwartet auftritt, weisen Ärzte darauf hin, dass es bestimmte Risikofaktoren gibt, die sein Auftreten begünstigen können.
Ist Ihr Baby gefährdet?
Statistisch gesehen tritt der plötzliche Kindstod am häufigsten zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens auf – also während des Nachtschlafs, der auch bei Babys am tiefsten ist. Während des Tagesschlafs sinkt das Risiko deutlich und nimmt mit zunehmendem Alter weiter ab. Am größten ist die Gefahr zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat, doch auch nach dem ersten Geburtstag sollte man aufmerksam bleiben. In dieser Zeit kommt SIDS zwar nur selten vor und gilt als Ausnahme, kann jedoch nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden. Interessanterweise betrifft SIDS häufiger Jungen als Mädchen und tritt vermehrt in den Wintermonaten auf.
Ärzte vermuten, dass das Risiko für den plötzlichen Kindstod bereits während der Schwangerschaft – also im Rahmen einer fehlerhaften Entwicklung des Fötus – entsteht. Obwohl die genaue Ursache bis heute unbekannt ist, wird angenommen, dass es sich um eine Störung der Atemregulation handelt, die ihren Ursprung in der pränatalen Phase hat. Experten gehen davon aus, dass Kinder, die an SIDS sterben, ein nicht ausreichend entwickeltes Aufwachzentrum im Gehirn besitzen. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Wenn sie Atemprobleme haben, können sie sich nicht selbst aufwecken.
Darüber hinaus gibt es weitere Risikofaktoren, die zur Entstehung des Syndroms beitragen können:
- Rauchen der Mutter
- Alter der Mutter unter 20 Jahren
- unzureichende pränatale Betreuung
- niedriges Geburtsgewicht
- Frühgeburt
- Überhitzung des Babys (z. B. wenn es im Bett der Eltern oder in einem zu warmen Raum schläft)
- Schlafen in Bauchlage
- SIDS in der Familienanamnese
- Gegenstände in der Nähe des Gesichts, wie Spielzeuge, Kissen oder Decken, die das Atmen behindern können
- geschwächtes Immunsystem des Babys
- häufiges Erbrechen oder Reflux
- angeborene Herzfehler
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Das Risiko nimmt mit dem Alter ab
Wie der Name dieses Syndroms bereits andeutet, tritt es während des Säuglingsalters auf – also zwischen dem zweiten und zwölften Lebensmonat –, kann jedoch grundsätzlich während des gesamten ersten Lebensjahres vorkommen. Mit zunehmendem Alter sinkt das Risiko für das Auftreten von SIDS deutlich:
- Über 90 % aller SIDS-Fälle treten vor dem 6. Lebensmonat auf.
- Nach Angaben des Nationalen Gesundheitsinstituts ereignen sich 72 % der Fälle zwischen dem 1. und 4. Lebensmonat.
- Das Risiko nimmt deutlich nach dem 8. Monat ab, wenn sich Babys bereits selbstständig vom Bauch auf den Rücken und zurück drehen können.
Prävention kann helfen
Der plötzliche Kindstod ist zwar ein ernstes Risiko, doch laut Ärzten gibt es präventive Maßnahmen, mit denen sich das Risiko deutlich verringern lässt. Selbstverständlich gehören dazu ein gesunder Lebensstil in der Schwangerschaft – ohne Alkohol, Zigaretten und andere Drogen – sowie regelmäßige Arztbesuche.
Leider lässt sich SIDS nicht immer vollständig verhindern, insbesondere wenn biologische Faktoren eine Rolle spielen. Es gibt jedoch konkrete Schritte, die das Risiko für das Auftreten des plötzlichen Kindstods spürbar senken können.
Schlafposition
Da der plötzliche Kindstod im Schlaf auftritt, ist es entscheidend, wie Sie Ihr Baby ins Bett legen. Das Kind sollte auf dem Rücken auf einer ebenen Fläche schlafen – niemals auf dem Bauch. Auch die Seitenlage wird nicht empfohlen, da sich selbst Neugeborene aus dieser Position auf den Bauch drehen können. Für Eltern kann ein Schlafnest mit leichter Neigung beruhigender sein, da es das Risiko von SIDS verringern kann.
Der Bauchschlaf ist zwar riskant, aber Sie müssen ihn nicht während der gesamten Kindheit fürchten. Wenn sich das Baby selbst auf den Bauch drehen kann, ist sein Gehirn ausreichend entwickelt, um es vor Atemproblemen zu warnen. Wichtig ist auch, das Baby regelmäßig auf den Bauch zu legen, damit es Muskeln und motorische Fähigkeiten trainiert. Die auf dem Bauch verbrachte Zeit unter Aufsicht eines wachen Elternteils ist weiterhin ein wichtiger Teil der Kindesentwicklung.
Verwenden Sie einen Atemmonitor
Ein Atemmonitor überwacht das Baby während des Schlafs und warnt mit akustischen Signalen, wenn sich die Atmung verlangsamt. Die Geräte verfügen über eine Kontrollleuchte, die bei jedem Atemzug grün blinkt. Wenn das Baby 20 Sekunden lang nicht atmet oder die Atemfrequenz unter 8 Atemzüge pro Minute fällt, ertönt ein lauter Alarm und das Licht blinkt rot. Meistens weckt der Alarm das Baby bereits auf, sodass es wieder zu atmen beginnt, oder die Eltern greifen rechtzeitig ein. Diese Monitore kosten etwa 100 €, werden jedoch von vielen Krankenkassen kostenlos verliehen oder im Rahmen der ersten sechs Lebensmonate bezuschusst.
Der umstrittene Schnuller als Rettung
Viele Eltern lehnen es heute ab, ihrem Baby den Schnuller zu geben, und greifen erst im Notfall darauf zurück. Die Wahrheit ist jedoch, dass die Verwendung des Schnullers eine weitere Form der SIDS-Prävention ist. Ärzte wissen noch nicht sicher warum, aber Kinder mit Schnullern sind deutlich weniger gefährdet. Dies könnte am Saugreiz liegen, der das Baby beruhigt und auch im Schlaf beschäftigt, sodass das Baby nicht aufhört zu atmen. Es ist möglich, dass das Saugen am Schnuller dazu führt, dass das Kind die Zunge nach vorne schiebt, was die Atemwege etwas öffnet, oder dass Kinder, die während des Schlafs am Schnuller saugen, nicht so tief einschlafen wie solche ohne Schnuller.
Der umstrittene Schnuller als Rettung
Viele Eltern verzichten heute bewusst auf den Schnuller und greifen nur im Notfall darauf zurück. Tatsächlich gilt seine Verwendung jedoch als eine weitere Form der SIDS-Prävention. Ärzte wissen noch nicht genau, warum, aber Kinder mit Schnuller sind deutlich seltener betroffen. Vermutlich hängt es mit dem Saugreiz zusammen, der das Baby beruhigt und auch im Schlaf aktiv hält, sodass es die Atmung nicht unterbricht. Möglich ist auch, dass das Saugen dazu führt, dass das Kind die Zunge nach vorne schiebt, was die Atemwege leicht öffnet – oder dass Babys mit Schnuller einfach nicht so tief schlafen wie solche ohne.
Legen Sie nichts Überflüssiges ins Bett
Decken, Kissen, Bettdecken und Plüschtiere im Bett können das Risiko von SIDS erhöhen, weil sie die Atmung des Babys behindern. Gefährlich können auch zu weiche oder ungeeignete Matratzen sowie Stillkissen sein. Auf Bettumrandungen (Nestchen) sollte man bis zum ersten Geburtstag verzichten, und Spielzeuge gehören nur dann ins Bett, wenn das Kind wach ist.
Wenn Sie befürchten, dass Ihr Baby während des Schlafs friert, verwenden Sie lieber einen warmen Schlafsack oder eine Pucksack für die kälteren Monate. Achten Sie jedoch immer auf die richtige Wickeltechnik und wickeln Sie Ihr Baby nicht zu fest ein – es sollte sich im Pucksack weiterhin bewegen, treten und strampeln können. Mit dem Wickeln sollte aufgehört werden, sobald sich das Baby selbstständig auf den Bauch drehen kann, was meist um den 3. bis 4. Lebensmonat der Fall ist.
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Achten Sie auf die Raumtemperatur
Eine zu hohe Temperatur im Zimmer (sei es im Schlafzimmer, Kinderzimmer oder Wohnzimmer) kann das Risiko für SIDS erhöhen. Der Zusammenhang zwischen höherer Temperatur und SIDS ist nicht ganz klar, aber möglicherweise sorgt er dafür, dass das Baby in einem wärmeren Raum tiefer einschläft, und es im Fall von Atemproblemen schwerer für das Baby ist, aufzuwachen. Es ist deshalb ratsam, das Thermostat auf 20 °C einzustellen und das Babybett nicht in der Nähe von Heizkörpern aufzustellen.
Auch mit warmer Kleidung für den Schlaf sollte man es nicht übertreiben. Ziehen Sie dem Baby lieber mehrere dünne Schichten an und wenn es Anzeichen von Überhitzung zeigt, ziehen Sie es nach und nach aus. Rötliche Wangen, schnelles Atmen, feuchte Haare, das Entstehen von Hitzepickeln und Schwitzen können ein Signal dafür sein, dass dem Baby zu warm ist.
Überlegen Sie den Schlaf im Familienbett
Immer mehr Eltern genießen den Schlaf im gemeinsamen Bett, weil sie dadurch die engere Bindung zu den Kindern und deren ständige Nähe schätzen. Dieses sogenannte Co-sleeping kann aber gefährlich sein und das Risiko für den plötzlichen Kindstod erheblich erhöhen. Während des gemeinsamen Schlafens im Ehebett kann das Kind ersticken an Kissen oder Decken, sich in langen Haaren von Eltern oder älteren Geschwistern verheddern oder vom Elternteil eingeengt werden. Wenn Sie den Wunsch nach gemeinsamem Schlaf an der Seite des Babys haben, überlegen Sie lieber eine erhöhte Schlafnische für das Baby oder ein an den Bettrahmen angebrachtes Kinderbett.
Überlegen Sie den Schlaf im Familienbett
Immer mehr Eltern genießen den gemeinsamen Schlaf im Familienbett, weil sie die Nähe zu ihrem Baby und die dadurch entstehende enge Bindung schätzen. Dieses sogenannte Co-Sleeping kann jedoch auch Risiken bergen und das Gefahr des plötzlichen Kindstods (SIDS) erheblich erhöhen. Während des gemeinsamen Schlafens im Elternbett besteht das Risiko, dass das Baby durch Kissen oder Decken erstickt, sich in langen Haaren von Eltern oder Geschwistern verheddert oder durch die Körper der Eltern unbeabsichtigt eingeengt wird.Wenn Sie den Wunsch nach Nähe und gemeinsamem Schlaf haben, wählen Sie lieber eine separate, leicht erhöhte Schlafnische für das Baby oder ein am Bettrahmen befestigtes Beistellbett. So bleibt die körperliche Nähe bestehen – aber Ihr Baby schläft sicher und geschützt.
Stillen Sie, wenn möglich
Stillen hat viele Vorteile für das Baby aber auch für die Mutter. Wenn Sie stillen können, tun Sie es so lange wie möglich, denn Stillen trägt auch zur Senkung des SIDS-Risikos bei. Wahrscheinlich liegt das daran, dass gestillte Kinder leichter aufwachen, sodass sie seltener von SIDS betroffen sind. Seien Sie jedoch vorsichtig beim nächtlichen Stillen, bei dem Mütter leicht einschlafen. Wenn Sie beim nächtlichen Stillen einschlafen, legen Sie das Baby direkt nach dem Aufwachen in sein Bettchen, wo es sicherer ist (auch dank des Atemmonitors).
Vermeiden Sie das Rauchen
Es versteht sich von selbst, dass Rauchen schädlich ist – insbesondere in einem Haushalt mit Baby. Vermeiden Sie das Rauchen nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch in der Stillzeit. Und wenn möglich, geben Sie diese Gewohnheit ganz auf. Betreten Sie mit Ihrem Baby keine verrauchten Räume, denn aktives und passives Rauchen erhöht das Risiko für SIDS erheblich.
Der plötzliche Kindstod ist für Eltern ein großer Schrecken – doch Sie sind ihm nicht hilflos ausgeliefert. Denken Sie schon während der Schwangerschaft an die Gesundheit Ihres Babys und setzen Sie auf präventive Maßnahmen, damit nicht nur Ihr Baby, sondern auch Sie selbst ruhig und sicher schlafen können.
Quelle:
- Jan Sheehan. 12 Ways To Reduce Your Baby’s Risk of SIDS. Online. In: Parents. 2023. Verfügbar unter: https://www.parents.com/baby/health/sids/new-ways-to-reduce-the-risk-of-sids/.
- Diana Wells. Sudden Infant Death Syndrome. Online. In: Healthline. 2020. Verfügbar unter: https://www.healthline.com/health/sudden-infant-death-syndrome.
- What Is Sudden Infant Death Syndrome (SIDS)? Online. In: Pampers. 2024. Verfügbar unter: https://www.pampers.com/en-us/baby/sleep/article/what-is-sids-and-how-to-reduce-the-risk.